Sicherheit und Transparenz digitaler Prozesse
Die Forschungsgruppe untersucht Technologien, welche die sichere und verlässliche Unterstützung von digitalen Prozessen ermöglichen, z.B. für die Prozessautomatisierung oder die automatisierte Prozessüberwachung. Die Forschungsgruppe fokussiert dabei auf Prozesse in Wirtschaft und Verwaltung und untersucht das Spannungsfeld zwischen Transparenz und Steuerbarkeit sowie Fragen nach dem Verlust von Privacy und Kreativität.
Die zunehmende Nutzung von digitalen Infrastrukturen bewirkt eine tiefgreifende Transformation in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Diese digitalen Infrastrukturen stellen die Basis dar, auf der verschiedene digitale Prozesse ausgeführt werden. Diese digitalen Prozesse bilden mittlerweile das Rückgrat von Unternehmen der Privatwirtschaft als auch Behörden und Organisationen der öffentlichen Verwaltung. Mithilfe der digitalen Unterstützung dieser Prozesse ergeben sich vielfältige Chancen, um effiziente und effektive Abläufe zu ermöglichen. Dies gilt sowohl für die Umsetzung und Steuerung von Routineprozessen, als auch das schnelle Aufsetzen von Prozessen in Krisensituationen, wie der Impf-, Erkrankungs- und Testnachverfolgung im Rahmen der Covid-19-Pandemie, der Unterstützung von Einsatzkräften bspw. bei der Flutkatastrophe im Ahrtal oder der Organisation der Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen.
Ein Prozess bezeichnet die Gesamtheit von zusammenhängenden Ereignissen, Aktivitäten und Entscheidungen, an der eine Reihe von Akteuren und Objekten beteiligt sind, um gemeinsam ein übergeordnetes Ziel zu erreichen. Digitale Prozesse zeichnen sich dadurch aus, dass sie zumindest teilweise von einem oder mehreren Informationssystemen unterstützt werden. Diese können innerhalb einer Organisation oder Unternehmung bereitgestellt werden oder die Zusammenarbeit über Organisationsgrenzen hinweg unterstützen. Digitale Prozesse sind allerdings nicht als rein technische Prozesse zu verstehen; vielmehr handelt es sich um sozio-technische Prozesse, die sich dadurch auszeichnen, dass Personen mithilfe von Informationssystemen ihre Arbeit koordinieren. Digitale Prozesse sind fortlaufenden Veränderungen unterworfen. Solche Veränderungen können sowohl geplant und als Projekte organisiert werden, als auch ungeplant und schleichend vonstattengehen. Geplante Veränderungen werden oft mithilfe von Konzepten des Geschäftsprozessmanagements entwickelt. Dabei können verschiedene digitale Prozesstechnologien eingesetzt werden. Dies sind einerseits Techniken zur Prozessautomatisierung und andererseits zur automatischen Prozessüberwachung. Beide digitale Prozesstechnologien haben eine Reihe von offensichtlichen Vorteilen, können aber auch eine Reihe von bisher kaum verstandenen möglichen Problemen wie Kompetenzverlust, Vertrauensverlust oder Kreativitätsverlust sowie neue Vertraulichkeitsanforderungen mit sich bringen.
Für die Prozessautomatisierung werden in der Literatur und in der Praxis folgende Vorteile hervorgehoben: Die Automatisierung bewirkt oft eine Beschleunigung der Bearbeitungszeit, geringere Transaktionskosten, höhere Qualität der Bearbeitung und der resultierenden Leistung sowie manchmal auch eine höhere Flexibilität. Belege für diese positiven Effekte finden sich in Arbeiten aus den Bereichen des Geschäftsprozessmanagements, des Operations-Managements oder des Krankenhausmanagements. Negative Effektive der digitalen Prozessautomatisierung bauen auf Arbeiten im Bereich der Ingenieurpsychologie auf, wenn auch diese kaum die spezifischen Gegebenheiten von digitalen Prozessen betrachten. Ein wichtiges Beispiel eines negativen Effekts der Automatisierung ist der Kompetenzverlust, was bedeutet, dass Personen nicht mehr im Stande sind, einen Prozess ohne die entsprechende Automatisierung auszuführen. Damit kann ebenfalls ein Wissensverlust einhergehen, so dass die Funktionsweise des Prozesses schlichtweg nicht mehr verstanden wird. Daher ist auch ein Kreativitätsverlust zu befürchten. Dies alles birgt erhebliche Risiken für die Sicherheit und Agilität eines digitalen Prozesses.
Auch die automatisierte Prozessüberwachung birgt Chancen. Techniken wie Process Mining und Predictive Process Monitoring ermöglichen eine bessere Transparenz, Vergleichbarkeit und Steuerbarkeit von digitalen Prozessen. Entsprechende positive Effekte sind in Fallstudien zur Anwendung von Process-Mining-Techniken umfangreich dokumentiert, bspw. für Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, dem Finanzsektor und dem Gesundheitswesen. Ebenfalls gibt es Herausforderungen, die sich auf die Bereiche Privacy und Vertraulichkeit erstrecken. In diesem Bereich wurden erste automatische Prozessanalysetechniken entwickelt, die gewisse Aspekte von Privacy berücksichtigen können. Die Entwicklung solcher Techniken ist von entscheidender Bedeutung, um der Vertraulichkeit von persönlichen Daten Rechnung zu tragen, und damit auch dem Vertrauen von Mitarbeiter*innen und Bürger*innen, aber auch den Nutzen von detaillierten Analyseeinsichten in digitale Prozesse zu verwirklichen.
Vor diesem Hintergrund widmet sich die Forschungsgruppe „Sicherheit und Transparenz digitaler Prozesse“ den folgenden Forschungsfragen:
- Durch welche Eigenschaften zeichnen sich sichere digitale Prozesse aus?
- Welche Effekte stellen sich durch die digitale Prozessautomatisierung ein?
- Wie wirkt sich digitale Prozessüberwachung auf Wissen, Agilität und Innovationsfähigkeit aus?
- Wie können Techniken der Prozessanalyse auf Anforderungen der Privacy und Vertraulichkeit ausgerichtet werden?
Die existierende Forschung zu digitalen Prozessen ist aktuell stark disziplinär geprägt. Einerseits werden neue Analysetechniken im Bereich der Informatik mithilfe von formalen und ingenieurswissenschaftlichen Forschungsmethoden entwickelt. Andererseits finden sich Arbeiten in den Bereichen der Organisationslehre, der Soziologie und der Ingenieurpsychologie, die stark empirisch beobachtend verankert sind. Es ist das Ziel dieser Forschungsgruppe, Konzepte aus den Bereichen der Informatik mit denen der Organisationslehre und Ingenieurpsychologie zusammen zu führen. Mithilfe der Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe erwarten wir neue theoretische und praktische Erkenntnisse, wie Sicherheit und Transparenz digitaler Prozesse miteinander in Einklang gebracht werden können.
Mitglieder der Forschungsgruppe
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Prof. Dr. Jan Mendling
Principal Investigator
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Dr. Stephan Fahrenkrog-Petersen
Forschungsgruppenleiter
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Edith Ottschofski
Forschungsgruppenassistentin
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Dr. Jennifer Haase
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
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Martin Kabierski, M.Sc
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
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Kristina Sahling
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
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Konrad-M. Hoppe
Studentische Hilfskraft
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Vito Chan
Studentische Hilfskraft
Assoziierte Forscher:innen
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Jennifer Brettschneider
Assoziierte Forscherin
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Dr. Djordje Djurica
Research Fellow
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Cielo González Moyano, M.Sc
Assoziierte Forscherin
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Finn Klessascheck
Assoziierter Forscher
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Prof. Dr. Luise Pufahl
Assoziierte Forscherin
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Aleksandra Revina
Assoziierte Forscherin
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Christoffer Rubensson, M. Sc.
Assoziierter Forscher