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Eine responsive Digitalisierungsforschung mitgestalten: Neuer Open-Access-Fonds am WI

Das Weizenbaum-Institut unterstützt seine Forschenden seit Kurzem mit einem Fonds für Open-Access-Publikationen. Wir haben mit Julian Vuorimäki, Referent für offene Forschung am WI, über den neuen Fonds und die Bedeutung von Open Access und Open Research am WI gesprochen.

Julian Vuorimäki, können Sie uns kurz skizzieren, was Open-Access-Publizieren bedeutet? Warum sollten Forschende sich für diesen Weg des Veröffentlichens entscheiden?

JV: Das sind zwei sehr wichtige und spannende Fragen! ‚Open Access‘ (OA) im Englischen oder ‚offener Zugang‘ auf Deutsch bedeutet, dass eine qualitätsgeprüfte Veröffentlichung offen, d.h. ohne Kostenschranke oder andere Barrieren für Nachnutzende publiziert wird. Mit Veröffentlichung kann ein Artikel in einer wissenschaftlichen Zeitschrift, ein Buch, ein Sammel- oder Tagungsband gemeint sein, aber zunehmend auch Forschungsdaten, Visualisierungen, Code, Tools oder allgemein Forschungssoftware. Die Prinzipien dieser Art des Publizierens sind in der einflussreichen Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen von 2003 festgehalten: Sie verlangt einerseits die Zustimmung der Autor:innen, ihr Werk frei verfügbar zu machen, andererseits die offene elektronische Aufbewahrung in einem zugänglichen Format in einem digitalen Repositorium.

Aus Forschendensicht hat eine OA-Publikation viele Vorteile. Sie macht wissenschaftliche Erkenntnisse leichter verfügbar und begünstigt so die Verbreitung von Forschungsergebnissen auch über die Wissenschaftscommunity hinaus. Mittlerweile liegt eine Reihe von Studien vor, die höhere Zitationsraten für offen verfügbare wissenschaftliche Publikationen im Vergleich zu klassischen Veröffentlichungen in geschlossenen, meist abonnementbasierten Forschungsmedien nachweisen.

Schließlich gewinnen Forschende mit OA-Publikationen die Kontrolle über ihre wissenschaftlichen Resultate zurück – denn anstatt ihre Rechte an meist profitorientierte Verlagsunternehmen und Informationsdienstleister abzutreten, räumen sie den Verlagen hier lediglich einfache Nutzungsrechte ein. Ein wichtiges Argument für Open Access ist außerdem, dass Forschung größtenteils öffentlich finanziert wird. Ihre Ergebnisse sollten daher nicht kommerziellen Verwertungsinteressen dienen, sondern der Öffentlichkeit uneingeschränkt zur Verfügung stehen.

Wie kann der neue Publikationsfonds des Weizenbaum-Instituts Forschende dabei unterstützen, Open Access zu publizieren? Welche Kosten können dabei anfallen?

JV: Der OA-Publikationsfonds unterstützt die Forschenden des Weizenbaum-Instituts zum einen beratend, z.B. bei der Identifikation und Auswahl geeigneter Publikationsorte. Außerdem können die Forschenden finanzielle Förderung beantragen, wenn bei der Veröffentlichung von Büchern oder Aufsätzen im Open Access Kosten entstehen.

Die großen Wissenschaftsverlage sind vielfach dazu übergegangen, Publikationen – etwa in renommierten Journals – zwar frei zugänglich zu machen, dafür allerdings teils hohe so genannte book bzw. article processing charges von den Autor:innen zu verlangen. In solchen Fällen kann der OA-Fonds Forschende finanziell unterstützen. Da die Berechnung der Gebühren aber oft intransparent ist, gelten dabei Kostenübernahmegrenzen, die in den Förderkriterien erläutert werden. Wer das Beratungsangebot in Anspruch nehmen möchte, kann sich jederzeit gerne an openaccess[at]weizenbaum-institut.de wenden.

Open Access ist ein Teilbereich von Open Research. Was können Einrichtungen wie das WI noch tun, um Wissenschaft offener und zugänglicher zu machen?

JV: Vielen Dank für diese schöne Frage! Aus meiner Sicht bestehen am WI bereits gute Ausgangsbedingungen, um Open Access und weitere Aspekte offener Forschung zu verankern, wie v.a. offene Forschungsdaten, offene Forschungssoftware, offene Ressourcen in Lehr-Lernzusammenhängen und innovative, offene Prinzipien in der Forschungs- und Karrierebewertung. Diese Aktivitäten sind eine gute Grundlage, um eine zeitgemäße, gesellschaftlich responsive Digitalisierungsforschung mitzugestalten. Dazu zählen das Leitbild des Instituts mit einem klaren Bekenntnis zu den Prinzipien der Offenheit, dezidierte Forschungsarbeit zu nahezu sämtlichen Dimensionen offener Forschung im Schwerpunktbereich Organisation von Wissen sowie ein breites Spektrum eigener OA-Publikationsformate wie das Weizenbaum Journal of the Digital Society (WJDS).

In der Zukunft werden diese Angebote noch weiter vertieft und ausgebaut. Neben dem OA-Publikationsfonds gibt es das Weizenbaum Digital Science Center und das bald startende OA-Repositorium, die Weizenbaum Library. Last, not least, trifft sich seit dem Frühjahr 2022 die AG Offene Forschung, die thematische Expertisen aus allen beteiligten Fächern und auf allen Karrierestufen bündelt, strukturelle Maßnahmen begleitet und Strategieprozesse unterstützt, um eine gelebte offene Forschungskultur am WI zu etablieren.

Derzeit arbeiten wir u.a. an einer Handreichung für den Umgang mit Forschungsdaten sowie Empfehlungen zur weiteren Profilschärfung und Vernetzung des WI durch Teilnahme an einschlägigen Initiativen wie die eingangs erwähnte Berliner Erklärung.

Vielen Dank für das Interview!

Julian Vuorimäki ist Referent für offene Forschung am Weizenbaum-Institut. In dieser Funktion unterstützt er die Wissenschaftler:innen des Instituts, die Werte und Prinzipien offener Forschung als elementare Bestandteile guter wissenschaftlicher Praxis im digitalen Zeitalter entlang des gesamten Forschungskreislaufs umzusetzen.

Das Interview führte Moritz Buchner.