Einblick in die Welt von rechtsextremen Influencerinnen
Bei einer Lesung mit Diskussion am 02. November 2023 wurde das neue Buch „The Women of the Far Right“ von Eviane Leidig im Weizenbaum-Institut vorgestellt. Es deckt auf, wie junge, attraktive Frauen Schlüsselrollen in der Vermarktung rechtsextremer Ideen spielen.
Die Verbreitung rechtsextremer Ideologien hat durch den Siegeszug sozialer Medien einen deutlichen Schub bekommen. Hierzu trugen auch Frauen bei, die durch ihren digitalen Content einen Einstiegspunkt in rassistische und menschenfeindliche Propaganda liefern. Um mehr über die Taktiken und das digitale Leben dieser Influencer:innen zu erfahren, kamen am 2. November rund 60 Interessierte ans Weizenbaum-Institut, wo das Buch „The Women oft the Far Right“ vorgestellt wurde. Dessen Autorin, Dr. Eviane Leidig, ist Marie-Sklodowska-Curie Postdoctoral Fellow am Institut für Kulturwissenschaften an der Universität Tilburg und Expertin für Rechtsextremismus, Gender und Online-Radikalisierung, -Rekrutierung und -Propaganda.
Die Veranstaltung wurde im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojekts NEOVEX von der FU Berlin und der Forschungsgruppe „Dynamiken der digitalen Mobilisierung“ des Weizenbaum-Instituts sowie dem Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena gemeinsam organisiert und von der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt.
Annett Heft, Forschungsgruppenleiterin am Weizenbaum-Institut, eröffnete den Abend mit einer Einführung in die Thematik des Rechtsextremismus und des Populismus als zentrale Herausforderungen für Demokratie und Gesellschaft. Anhand von aktuellen Beispielen zeigte sie auf, dass eine Normalisierung von rechtsextremen Einstellungen zu beobachten ist, die sich in einem Anstieg von Antisemitismus, Hass und Gewalt gegen politische Gegner:innen und der globalen Mobilisierung gegen Minderheiten wie Migrant:innen manifestiert. Vor dem Hintergrund dieser Normalisierung muss man sich vor Augen halten, wie Rechtsextremist:innen in der Gesellschaft in der Regel wahrgenommen werden: als stereotypisch weiße, wütende und gewaltbereite Männer. Hingegen wird die Rolle von Frauen innerhalb von rechtsextremen Bewegungen und Mobilisierungen bislang kaum wahrgenommen. Das gilt besonders in Hinblick auf die digitale Kommunikation auf Plattformen wie Facebook, YouTube oder Instagram.
An dieser Forschungslücke knüpft das Buch von Eviane Leidig an und ermöglicht einen detaillierten Einblick in die Welt von rechtsextremen Influencerinnen und ihre Schlüsselrolle als Propagandistinnen rechten Gedankengutes. Gemeinsam mit dem Moderator des Abends, Maik Fielitz vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena sprach Eviane Leidig über die Art und Weise, wie Influencerinnen durch ihren Content rechtsextreme Ideologien übermitteln, indem sie einen Lebensstil inszenieren und dabei rechtsextreme Ideen vermarkten. Eviane Leidig las ausgewählte Textpassagen aus ihrem Buch, in denen sie ihr Vorgehen bei der Generierung ihrer Erkenntnisse beschrieb und detailliert den Alltag der Influencerinnen reflektierte. Hierbei wurde deutlich, dass rechtsextreme Influencerinnen oftmals Themen aufgreifen, die zunächst keine rechtsextreme Ideologie vermuten lassen: Sie teilen ihre Erfahrungen mit Schwangerschaften, der Erziehung von Kindern und der Ehe. Ihren Content, der zunächst harmlos wirkt, unterfüttern sie jedoch mit patriarchalen Weltbildern, die dazu aufrufen, Hausfrauen zu werden und feministischen Bestrebungen entgegenzuwirken, oder sie teilen Verschwörungstheorien wie die des „Großen Austausches“.
In der anschließenden Podiumsdiskussion ergänzte Dominika Tronina (Vergleichende Demokratieforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin) ihre Perspektive zu rechtsextremen Parteien und Bewegungen in Europa. Gemeinsam mit Eviane Leidig, Annett Heft und Maik Fielitz wurde darüber diskutiert, wie sich die Propagandatechniken im digitalen Raum verändern und dadurch rechtsextreme Ideologien befördern. Besprochen wurde die Vermarktung von rechtsextremen Ideologien als Propagandatechnik, bei der rechtsextreme Influencerinnen ihre Inhalte durch Werbepartner:innen monetarisieren oder ihren eigenen Merchandise verkaufen.
Anschließende Fragen aus dem Publikum bereicherten die Diskussion und der lebhafte Austausch ging bei Essen und Getränken noch bis spät in den Abend.
Mehr Informationen zum Buch „The Women of the Far Right“ (Columbia University Press)
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