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Politische Beteiligung: Digitale Medien reduzieren soziale Unterschiede

Krieg in der Ukraine, Energie- und Klimakrise und Proteste im Iran – wie sah politisches Engagement 2022 in Deutschland aus und wie hat sich die politische Partizipation nach dem Ende der Corona-Einschränkungen verändert?

Seit 2019 führt das Weizenbaum Panel jährlich eine repräsentative Bevölkerungsbefragung zur politischen Partizipation und Digitalisierung durch. Aus der diesjährigen Studie geht hervor: Das Engagement online wird relevanter und reduziert gleichzeitig die Bedeutung von sozialem Status bei der politischen Beteiligung.

Eine aktive Beteiligung an politischen Prozessen setzt Ressourcen und Zeit, oft aber auch besondere Fähigkeiten oder Zugänge voraus. Deshalb verwundert es kaum, dass in allen Formen politischer Partizipation sozial Bessergestellte durchweg aktiver sind als sozial Benachteiligte. Das gilt zum einen für Spenden oder Formen des Boykotts/Buycotts, die eine Verfügbarkeit entsprechender Mittel voraussetzen, aber zum anderen auch für traditionelle Partizipationsformen wie beispielsweise eine Parteimitgliedschaft, politische Mobilisierungsarbeit oder das ehrenamtliche Engagement.

Diese traditionellen Partizipationsformen sind aber seit Jahren rückläufig, wie die „Weizenbaum Panel“-Langfriststudie zeigt. Relativ stabil hingegen sind moderne, digitale Partizipationsformen wie zum Beispiel Online-Petitionen, das Teilen und Kommentieren von politischen Inhalten auf Social Media, oder auch das Melden von Hasskommentaren oder Falschnachrichten. Bei diesen Formen digitaler Zivilcourage sind die sozialen Unterschiede deutlich weniger ausgeprägt.

Bei alltäglichen Entscheidungen offline spielen politische Erwägungen ebenfalls eine große Rolle. Rund die Hälfte der Befragten trifft Kaufentscheidungen aus politischen, ethischen oder sozialen Gründen.

Die Forschenden untersuchten ebenfalls, ob autoritär eingestellte Menschen, sich politisch eher mehr oder weniger beteiligen, ein Phänomen was als ‚dark participation‘ (‚dunkle Partizipation‘) bezeichnet wird. Tatsächlich teilen Anti-Demokrat:innen weniger Petitionen, sind deutlich weniger in den Sozialen Medien aktiv und fallen bei anderen Formen der politischen Partizipation noch weiter ab – konträr zu ihrer starken Präsenz in medialen Debatten oder auf Social Media.

Nicht zuletzt wurde bei der Studie die Einstellung der Befragten zu Internet, Sozialen Medien und Künstlicher Intelligenz thematisiert. Laut dem Weizenbaum Report 2023 steht die Bevölkerung KI und sozialen Medien ambivalent gegenüber. Das Internet und seine Nutzung in der Gesellschaft haben sich zwar etabliert und werden von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung positiv bewertet, doch ein Drittel der Befragten stehen Sozialen Medien negativ gegenüber. Bei der Bewertung von Künstlicher Intelligenz prägen Unsicherheit und Unentschiedenheit die Haltung der Menschen.

Lesen Sie hier den gesamten Bericht

Die Ergebnisse des Weizenbaum Reports wurden am 18. April, um 18 Uhr am Weizenbaum-Institut vorgestellt. Zu Gast auf dem Podium sind Sawsan Chebli (SPD) und Oliver Wiedmann (Mehr Demokratie e.V.).