
Palantir im Fokus – drei Fragen an Constanze Kurz
Am 13. Februar 2025 wird Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, an unserem Panel teilnehmen, um den Dokumentarfilm „Watching You – Die Welt von Palantir und Alex Karp“ zu diskutieren, den wir im Vorfeld zeigen werden. Der Film bietet Einblicke in das Unternehmen Palantir und dessen CEO und Gründer Alex Karp. Wir haben Constanze Kurz gefragt, wie sie die Rolle dieses Unternehmens und dessen Entwicklungen einschätzt.
Das Unternehmen Palantir ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Gibt es Gründe dafür – oder anders gefragt: Warum sollten wir uns mehr mit Palantir beschäftigen?
Constanze Kurz: Das Magazin Time hat den Konzern Palantir treffend als den „KI-Waffenhändler des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet, denn einen Großteil seines Umsatzes macht das Unternehmen bei den US-Militärs. Ein wichtiges Geschäftsfeld ist dabei Spionage, Überwachung und Datenanalyse. Interessierte beobachten den Konzern schon lange Jahre, aber der breiten Öffentlichkeit wurde es erst durch den Börsengang bekannt.
In den letzten Jahren ist Palantir in Europa aktiver geworden und bietet seine Software neben dem Militär vor allem staatlichen und öffentlichen Stellen an. So konnte der Konzern einen Vertrag mit dem britischen staatlichen Gesundheitsdienst über umgerechnet fast 578 Millionen Euro aushandeln.
Mittlerweile gibt es auch eine deutsche Tochter des US-Konzerns. Mit weniger als einhundert Mitarbeitern ist sie zwar vergleichsweise klein, ist jedoch Vertragspartner deutscher Polizeibehörden und wirkt aktiv am Betrieb ihrer Systeme mit.
Die Palantir-Technologien und -Dienstleistungen werden unter anderem von Unternehmen und Behörden genutzt. Gibt es konkrete Beispiele, die Dir besonders Sorgen bereiten?
Constanze Kurz: In Deutschland nutzen Polizeibehörden in Hessen, in Nordrhein-Westfalen und in Bayern Software von Palantir zur Datenanalyse. Konkret wird hier die Software „Gotham“ eingesetzt, was von dem Konzern etwas großspurig als „Betriebssystem für moderne Sicherheitsbehörden“ beworben wird.
Mit dieser Palantir-Software werden zuvor nicht verbundene Dateien und Informationssysteme zusammengeführt, die bei der Polizei sehr unterschiedlichen Zwecken dienen. Diese Zusammenführung der Datenbestände soll eine umfassende Analyse ermöglichen und bisher unerkannte Verbindungen offenlegen, bewirbt der Konzern die Vorzüge seines Systems.
Doch genau darin liegt auch ein Grund zur Besorgnis über die Software. Denn ein Grundsatz bei rechtmäßiger Datenverarbeitung ist die Zweckbindung. Was die Polizei über Menschen und Sachverhalte, über Zeugen oder Strukturen, über Personengruppen und deren Merkmale in ihren Datenbanken speichert, kann daher nicht einfach zu beliebigen anderen Zwecken weitergenutzt werden. Das ist auch ein Grund, warum ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2023 zu dem Schluss kam, dass die gesetzlichen Grundlagen für diese Palantir-Analysewerkzeuge in Teilen verfassungswidrig waren und künftig nur in engen Grenzen als verfassungskonform gelten können.
Wie würdest Du das Phänomen Palantir in die gegenwärtigen Entwicklungen einordnen? Gibt es Szenarien, die Du besonders kritisch siehst? Und: was können wir überhaupt dagegen tun?
Constanze Kurz: Palantir ist ein mächtiger, mit der US-Regierung und US-Militärs eng verbundener Konzern, dessen sichtbarster Vertreter Alex Karp eine verstärkte massenhafte Überwachung und automatisierte Datenanalyse öffentlich ausgesprochen offensiv vertritt. In jüngster Zeit, vor allem nach dem Wahlsieg Donald Trumps, äußert er sich auch verstärkt nationalistisch.
Deutsche Behörden muss es nachdenklich stimmen, wenn ein US-Konzern Zugriff auf eine ganze Reihe von deutschen polizeiinternen Datenbanken nimmt, dort Big-Data-Analysen mit seiner proprietären Software durchführt und sich vor allem durch die Zusammenführung der polizeilichen Datenbestände zu einem unentbehrlichen Partner macht. Damit gerät die Polizeibehörde in eine Abhängigkeit, von der sie sich nur schwer wieder lösen kann. Zudem unterliegt der Konzern US-amerikanischen Gesetzen, die im Widerspruch zu deutschen Gesetzen oder deutschen Sicherheitsinteressen stehen können.
Vielen Dank!
Wir laden Sie herzlich zu der Veranstaltung ein, zu der Sie sich hier anmelden können.