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KI in turbulenten Zeiten: Wie kann Innovation flexibel reguliert werden? Recap der 2. Weizenbaum Debate

Die rasanten Fortschritte und tiefgreifenden Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf das Zusammenleben haben wichtige Debatten über die Regulierung technologischer Innovationen angestoßen. Anlass genug, um auch bei der Weizenbaum Debate darüber zu diskutieren.

Auf der 2. Weizenbaum Debate diskutierten Alexander Rabe (Geschäftsführer des eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.) und Lajla Fetic (Expertin für KI-Governance) darüber, wie wir diese Entwicklung angemessen bewerten und steuern können.

Während ChatGPT, Midjourney und Googles Gemini die Schlagzeilen bestimmen, wird aktuell das europäische Regelwerk für die Regulierung solcher KI-Systeme finalisiert. Das Problem dabei ist, dass die konkreten Entwicklungen und Auswirkungen noch kaum absehbar sind. In der Debate ging es deshalb darum, wie Regulierung Innovation voranbringen oder ausbremsen kann und ob es möglich ist, über Regulation gesellschaftliche Werte zu verankern und abzusichern.

Lajla Fetic eröffnete mit der Feststellung, dass Produkte immer wertebasiert seien und Regulierung ein Werkzeug dafür sein könne, diese Werte festzulegen. Mit Blick auf das Innovationspotenzial forderte sie, dass eine gute Regulierung sicherstellen müsse, dass Innovationen nicht nur privilegierten gesellschaftlichen Gruppen (Ü-50-jährig, männlich, weiß) zugutekämen. Denn der Glaube, dass Technologien uns menschlich oder gesellschaftlich weiterbrächten, trüge: wir müssten uns mehr darüber unterhalten, wer von diesen Technologien profitiert.

Alexander Rabe konnte so weit zustimmen, dass gute Regulierung aus einer Innovation ein vertrauenswürdiges Produkt am Markt mache. Er kritisierte jedoch, dass es eine typisch deutsche Debatte sei, wenn bei neuen Technologien die Probleme in den Vordergrund gestellt werden. Er wolle mehr Lust auf Innovation machen. Wenn wir KI mit Mut und Intelligenz einsetzten, so Rabe, stärkten wir nicht nur den Wirtschaftsstandort Deutschland – sondern auch Teilhabe und Inklusion sowie ökologische Nachhaltigkeit.

Auf die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass wir eine ‚gute‘ KI-Regulierung bekommen, wurde Fetic deutlich: „Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen! Nutzer:innenrechte müssen so gestaltet werden, dass sie aktiv wahrgenommen werden können.“ Denn die Verantwortung könnten nicht die Millionen von Nutzer:innen tragen, die das Produkt KI vermutlich noch nicht einmal verstehen. Es seien die Unternehmen, die von der Technologie profitierten, die über Regulierung zur Verantwortung gerufen werden müssten.

Rabe hingegen bezweifelte, dass es überhaupt eine Regulierungslücke gebe, die zu schließen sei – DSGVO, DSA, aber auch Antidiskriminierungsgesetz oder Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sowie die Grundrechte seien ein ausreichender Rahmen, darüber hinaus seien Selbstverpflichtungen viel flexibler und effizienter. Ein:e junge:r Unternehmer:in dürfe nicht das Gefühl haben, stets mit einem Bein im Gefängnis zu stehen. Wenn wir KI so regulieren, dass wir uns in Europa ausbremsen, sei der Verbreitung europäischer Werte damit nicht geholfen.

Einig waren sich die beiden darin, dass bei einer Regulierung Schnelligkeit und Timing nicht das Entscheidende sei, sondern ihre Qualität.

Moderiert wurde die Debate von Sascha Friesike (Direktor und Vorstand des Weizenbaum-Instituts).

Im Anschluss an die Debate eröffnete Christoph Neuberger den Weihnachtsempfang des Weizenbaum-Instituts mit einem Rückblick auf das vergangene Jubiläumsjahr W\100. Er unterstrich, dass neben der kalendarischen Zufälligkeit die aktuelle Konjunktur von Künstlicher Intelligenz die Aktualität und Relevanz von Weizenbaums Kritik verdeutlicht habe. Zudem wurde eine digitale Ausstellung zu Werk und Wirken von Joseph Weizenbaum vorgestellt, die im Frühjahr veröffentlicht werden soll. Anschließend fand der Abend einen festlich-gemütlichen Ausklang.