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„Im digitalen Raum wird schnell gebrüllt“. Höchste Zeit, dem etwas entgegenzusetzen.

Interview mit Robert Peter zum neuen Debattenformat am Weizenbaum-Institut. Warum es eine Kultur der konstruktiven Auseinandersetzungen braucht.

Lieber Robert, am 1.3. findet die erste Weizenbaum Debate statt. Warum ein neues Veranstaltungsformat?

Diskurs und Debatte sind wichtig für die demokratische Meinungsbildung. Das gilt insbesondere für Zeiten, in denen täglich neue Probleme unsere Aufmerksamkeit bekommen: Klimakrise, Krieg, globale Pandemie, sich verschärfende gesellschaftliche Ungleichheiten. Auf alles davon wirkt auch die digitale Transformation – die Ereignisse scheinen sich zu überschlagen.

Dabei gibt es große und berechtigte Auseinandersetzungen über die Fragen, wie wir diese Herausforderungen lösen sollen. Denn es gibt ja verschiedenste Interessen auf unterschiedlichsten Ebenen, die da gegeneinanderstehen. Und gerade in der öffentlichen, medialen Debatte prallen diese oft unvermittelt aufeinander. Wenn die Fronten verhärtet sind und kein zielführender Austausch zwischen den verschiedenen Seiten stattfindet, dann kommen wir nicht weiter. Die Auseinandersetzung auf Augenhöhe ist eines der Merkmale guter Wissenschaft.

So neu ist die Idee einer Debatte ja nicht. Wie genau wollt ihr das erreichen?

Ja, Du hast recht, das Konzept einer Debatte ist alt. Aber es ist auch ein wenig in die Jahre gekommen. Im Parlament beispielsweise findet es nur noch sehr stark formalisiert statt, in den Medien hingegen sehr routiniert. Und im digitalen Raum wird eigentlich gar nicht mehr debattiert, sondern schnell gebrüllt. Wir wollen das gemeinsame Suchen nach Antworten und Lösungen in den Mittelpunkt stellen. Voraussetzung dafür ist das gegenseitige Verständnis und die Bereitschaft, auch mal die Perspektive der anderen einzunehmen.

Wie soll das funktionieren?

Die Weizenbaum Debate beginnt mit ein, zwei zugespitzten Thesen, wie sie gerade in der Öffentlichkeit kursieren. Wir geben den Diskutant:innen die Möglichkeit, sich sieben Minuten lang mit der These auseinanderzusetzen, sie einzuordnen, neu aufzurollen oder ihr zu widersprechen. Nach den Statements folgen dann eine moderierte Aussprache und Diskussion. Dabei soll gelten, dass wir uns wertschätzend begegnen, einander nicht belehren, sondern wirklich versuchen wollen, den anderen Standpunkt zu verstehen. Bestenfalls finden sich dann sogar Gemeinsamkeiten.

Wir wollen eine Kultur, in der es ein Zeichen von Stärke ist, seine eigene Meinung zu reflektieren, sie gegebenenfalls zu ändern und sich von guten Argumenten überzeugen zu lassen. Es ist auch erlaubt, ohne Gesichtsverlust der anderen Seite mal recht zu geben. Konstruktiv und wohlwollend – das sind Zuschreibungen, die bisher nicht mit der politischen Debatte in Verbindung gebracht werden. Und das wollen wir ändern.

Wir möchten als wissenschaftliches Institut diese Haltung aus der Wissenschaft heraustragen und einen Ort bieten, an dem der Raum für die Begegnung von verschiedenen Perspektiven zu einem Thema geöffnet wird.

Eine demokratische Debatte lebt von der ernsthaften und respektvollen Auseinandersetzung mit anderen Blickwinkeln und Meinungen. Die Weizenbaum Debate soll einen Beitrag zu dieser demokratischen Kultur leisten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Robert Peter ist Referent für politischen Dialog und Public Affairs am Weizenbaum-Institut.

Das Interview führte Mikiya Heise.

Die erste Weizenbaum Debate fand am 1. März 2023 statt. Mehr zum Format und den kommenden Terminen erfahren Sie hier.