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Die Zukunft der Bildung: Wissenschaft trifft Politik und Zivilgesellschaft

„Digitalisierung in der Bildung – Zwischen Ohnmacht und Vision“ unter diesem Titel fand am 13. November 2019 der zweite Parlamentarische Abend des Weizenbaum-Instituts im Berliner John-Lennon-Gymnasium statt. Rund 40 Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft waren zusammengekommen, um der Frage nachzugehen, wie Bildung, Weiterbildung und lebenslanges Lernen in einer vernetzten Gesellschaft zukunftsfähig gestaltet werden können.

Computer, Tablets oder Whiteboards – digitale Medien halten zunehmend Einzug in Klassenzimmer und Hörsäle; aber auch in der beruflichen und betrieblichen Weiterbildung sind sie inzwischen feste Bestandteile. Die Nutzung digitaler Medien verändert die Wissensvermittlung und ermöglicht neue, bisher nicht gekannte Lehr- und Lernwege. Doch über welche Kompetenzen müssen Kinder, Jugendliche und Erwachsene verfügen, um in einer digitalen Welt selbstbestimmt zu lernen? Welche Auswirkungen hat das für Lehrpläne, Lernumgebungen oder die Lehrerausbildung? Das John-Lennon-Gymnasium bot als ein Ort, an dem digitale Bildung tagtäglich gelebt und erlebt werden kann, den idealen Rahmen, um Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft miteinander ins Gespräch zu bringen.

Zeitgemäßes Lernen im digitalen Zeitalter

In seiner Eröffnungsansprache betonte Matthias Graf von Kielmansegg, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Bildung und Forschung, dass Bildung die Grundlage sei, um den Herausforderungen der Digitalisierung zu begegnen und deren Chancen zu nutzen. Deshalb müsse sichergestellt werden, dass die Schulen so ausgestattet seien, dass Kinder und Jugendliche nachhaltig auf eine digitale Welt vorbereiten würden.

Anschließend stellte Dr. Doris Hellmuth, kommissarische Schulleiterin des John-Lennon-Gymnasiums, vor, wie digitale Medien in den Alltag der Schule integriert und mit einem pädagogischen Konzept untermauert wurden. So wurde praktisch die gesamte Schule ins Netz gestellt: Neben der Schul-Website finden sich dort ein digitaler Vertretungsplan, ein digitales Lehrerzimmer ebenso wie die Lernplattform „itslearning“. Für sein visionäres Konzept für zeitgemäßes Lernen im digitalen Zeitalter wurde das Gymnasium von der Berliner Senatsverwaltung als „exzellente digitale Schule“ ausgezeichnet und vom Branchenverband der Digitalwirtschaft, Bitkom, in das Smart-School-Netzwerk aufgenommen.

Digitale Bildung und Forschung

Einen wissenschaftlichen Blick auf die Prozesse der Digitalisierung in der Bildung warfen Forscher:innen des Weizenbaum-Instituts: Die Forschungsgruppenleiterin Dr. Gergana Vladova beleuchtete unter anderem die Frage, wie sich Erwachsene in ihrer Akzeptanz zu digitalen Medien und in ihrer Art des Lernens von Kindern unterscheiden. Die gute Nachricht sei, so Vladova, dass die Fähigkeit zu lernen mit dem Alter nicht abnehme. Vielmehr verkümmerten die kognitiven Fähigkeiten älterer Beschäftigter, weil sie im Berufsleben nicht ausreichend gefordert würden und adäquate, das heißt, auf sie zugeschnittene Fortbildungsangebote fehlten.

Welche Auswirkungen die Nutzung von mobilen Technologien auf Kinder hat, erörterte die Doktorandin Cora Bergert in ihrem anschließenden Vortrag. Mit Verweis auf aktuelle Studienergebnisse erklärte sie, dass Smartphones und Tablets grundsätzlich dafür eignet seien, konkretes Wissen zu vermitteln; jedoch würden andere Fähigkeiten wie Sozial- und Problemlösekompetenz in erster Linie durch die Interaktion mit Eltern und Gleichaltrigen erworben.

Der Forschungsgruppenleiter Dr. André Renz schilderte, wie immer mehr Tech-Konzerne mit digitalen Bildungsangeboten auf den Markt drängten und damit unweigerlich einen Wettbewerb mit den traditionellen Bildungsträgern auslösten. Um die Digitalisierung der Bildung bestmöglich zu gestalten, plädierte Renz für einen partizipativen Ansatz. Dafür seien nicht nur die Erfahrungen von Schulen und Verlagen nötig, sondern auch der frischen Blick der wirtschaftsgetriebenen Akteure.    


Schulentwicklung, KI und Barrierefreiheit

Der Abend schloss mit einer Podiumsdiskussion, an der die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, Dr. Doris Hellmuth, Prof. Dr. Niels Pinkwart, Principal Investigator am Weizenbaum-Institut, und Stephan Delkus, Vertriebsleiter der Lernplattform „itslearning“, teilnahmen. Zu Beginn der Diskussion stellte Esken heraus, dass die Schulentwicklung eine entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche digitale Bildung sei. Der technischen Ausstattung von Schulen müsse daher zunächst ein Bewusstseinswandel bei Lehrenden, Eltern und Schüler:innen vorausgehen. Pinkwart sprach sich dafür aus, das Thema Künstliche Intelligenz stärker in schulische Curricula zu verankern und Kindern und Jugendlichen neben reinen Programmierkenntnissen auch Reflexions- und Souveränitätskompetenzen zu vermitteln. Im Zusammenhang mit der steigenden Relevanz von digitalen Technologien in der Bildung erläuterte Delkus, wie durch die barrierefreie Gestaltung digitaler Lernangebote Inklusion gefördert werden könne.