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Delikt oder verzwickt: Strafbare Inhalte auf der Blockchain

Anfang 2018 wurde bekannt, dass die auf der Bitcoin-Blockchain gespeicherten Daten nicht nur Transaktionen, sondern auch rechtswidrige Inhalte wie Kinderpornografie enthalten. Machen sich Benutzer der Bitcoin-Blockchain nun womöglich strafbar? Eine Forschungsgruppe des Weizenbaum-Instituts ist dieser Frage nachgegangen und kann zumindest teilweise Entwarnung geben. 

 

Anfang 2018 wurde bekannt, dass die auf der Bitcoin-Blockchain gespeicherten Daten nicht nur Transaktionen, sondern auch rechtswidrige Inhalte wie Kinderpornografie enthalten. Machen sich Benutzer der Bitcoin-Blockchain nun womöglich strafbar? Eine Forschungsgruppe des Weizenbaum-Instituts ist dieser Frage nachgegangen und kann zumindest teilweise Entwarnung geben. 

Sebastian Henningsen, Sophie Beaucamp und Dr.-Ing. Martin Florian (v.l.n.r.) haben in ihrem Paper die Strafbarkeit durch Speicherung der Bitcoin-Blockchain untersucht.

Bei einer Blockchain handelt es sich um eine dezentral organisierte Datenbank, in der Informationen zum Transfer von Geld, Daten oder Dokumenten jeweils in Blöcken gespeichert werden. Die Inhalte einer Blockchain sind unlöschbar, unveränderbar und transparent. Diese Eigenschaften machen sie zu einer Technologie, die das Potenzial hat, ganze Wirtschaftszweige sowie Politik und Verwaltung zu revolutionieren. Doch genau diese Eigenschaften sind es auch, die eine Reihe rechtlicher Probleme auslösen können, wenn sich auf der Blockchain illegale Inhalte befinden.

Unlöschbarkeit vs. Löschungsverpflichtung

Für die Forschungsgruppe um den Informatiker Dr.-Ing. Martin Florian war das Bekanntwerden von illegalen Inhalten auf der Bitcoin-Blockchain Anstoß, den Konflikt zwischen der Unlöschbarkeit von Inhalten der Blockchain und der juristischen Löschungsverpflichtung genauer zu untersuchen. „Konkret haben wir damit beschäftigt, ob und inwieweit sich Betreiber von Bitcoin Full Nodes strafbar machen, wenn sich auf der Blockchain illegale Inhalte befinden“, erläutert Florian. Full Nodes sind Computer, die sich mit dem Bitcoin-Netzwerk verbinden und eine Reihe wichtiger Aufgaben erfüllen. Voraussetzung dafür ist, dass der Full Node eine vollständige Aufzeichnung aller bisheriger Transaktionen erhält, wofür die gesamte Blockchain heruntergeladen werden muss.

Haftungsfrage von Full Nodes

In Deutschland können Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften gemäß § 184b mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden. Doch wie verhält es sich mit Betreibern von Full Nodes, die zum Verrichten ihrer Aufgaben zwangsläufig die gesamte Blockchain speichern müssen?

Sophie Beaucamp, Doktorandin in der Forschungsgruppe von Florian, hat sich mit den rechtlichen Aspekten dieser Frage beschäftigt und erklärt: „Als juristische Lösung habe ich vorgeschlagen, § 10 des Telemediengesetzes anzuwenden. Hier wird eine Haftung unter bestimmten Umständen ausgeschlossen. Diese Haftungsprivilegierung greift aber nur so lange, wie der Betreiber keine genaue Kenntnis von Inhalt und Speicherort des rechtswidrigen Materials hat.“ Das heißt: Sobald der Betreiber eines Full Nodes weiß, dass sich auf der von ihm gespeicherten Blockchain kinderpornografische Inhalte befinden, macht er sich strafbar und muss die Blockchain theoretisch löschen.

(K)eine Möglichkeit der Löschung von Blockchain-Inhalten

Unveränderbarkeit – und damit auch die Unmöglichkeit von Löschung – wird als zentrale Eigenschaft von Blockchains wie der Bitcoin-Blockchain angesehen. Für die Sicherheit von Bitcoin ist darüber hinaus auch entscheidend, dass weltweit genügend Full Nodes die Blockchain speichern und ankommende Transaktionen auf Regeleinhaltungen überprüfen. Würden Betreiber von Full Nodes nun anfangen, in großer Zahl die Bitcoin-Blockchain zu löschen, hätte dies ernste Folgen für die Sicherheit des gesamten Bitcoin-Netzwerkes.

Florian und sein Team entwickeln zurzeit ein prototypisches Tool für Betreiber von Bitcoin Full Nodes. Damit sollen Teile der Blockchain nachhaltig von der lokalen Festplatte entfernt werden können, ohne dass die Teilnahme des Full Nodes im Blockchain-Netzwerk einschränkt wird. „Auf diese Weise würden wir Betreibern von Full Nodes die Möglichkeit geben, trotz Blockchain-Technologie auch solche gesetzlichen Pflichten zu erfüllen, die eine Löschung von Daten erfordern,“ so Florian.

Die technischen Möglichkeiten der Löschung von Inhalten von der Blockchain sind zudem auch für die Löschungsverpflichtung nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) relevant.

Die Inhalte dieses Beitrags sind erschienen in: Beaucamp, S./Henningsen, S./Florian, M. (2018): „Strafbarkeit durch Speicherung der Bitcoin-Blockchain? Ein Lösungsversuch aus technischer und rechtlicher Sicht“, In: Multimedia und Recht (Verlag: C.H. Beck), Ausgabe 8, S. 493–564, München August 2018.

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Unlöschbarkeit vs. Löschungsverpflichtung

Für die Forschungsgruppe um den Informatiker Dr.-Ing. Martin Florian war das Bekanntwerden von illegalen Inhalten auf der Bitcoin-Blockchain Anstoß, den Konflikt zwischen der Unlöschbarkeit von Inhalten der Blockchain und der juristischen Löschungsverpflichtung genauer zu untersuchen. „Konkret haben wir damit beschäftigt, ob und inwieweit sich Betreiber von Bitcoin Full Nodes strafbar machen, wenn sich auf der Blockchain illegale Inhalte befinden“, erläutert Florian. Full Nodes sind Computer, die sich mit dem Bitcoin-Netzwerk verbinden und eine Reihe wichtiger Aufgaben erfüllen. Voraussetzung dafür ist, dass der Full Node eine vollständige Aufzeichnung aller bisheriger Transaktionen erhält, wofür die gesamte Blockchain heruntergeladen werden muss.

Haftungsfrage von Full Nodes

In Deutschland können Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften gemäß § 184b mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden. Doch wie verhält es sich mit Betreibern von Full Nodes, die zum Verrichten ihrer Aufgaben zwangsläufig die gesamte Blockchain speichern müssen?

Sophie Beaucamp, Doktorandin in der Forschungsgruppe von Florian, hat sich mit den rechtlichen Aspekten dieser Frage beschäftigt und erklärt: „Als juristische Lösung habe ich vorgeschlagen, § 10 des Telemediengesetzes anzuwenden. Hier wird eine Haftung unter bestimmten Umständen ausgeschlossen. Diese Haftungsprivilegierung greift aber nur so lange, wie der Betreiber keine genaue Kenntnis von Inhalt und Speicherort des rechtswidrigen Materials hat.“ Das heißt: Sobald der Betreiber eines Full Nodes weiß, dass sich auf der von ihm gespeicherten Blockchain kinderpornografische Inhalte befinden, macht er sich strafbar und muss die Blockchain theoretisch löschen.

(K)eine Möglichkeit der Löschung von Blockchain-Inhalten

Unveränderbarkeit – und damit auch die Unmöglichkeit von Löschung – wird als zentrale Eigenschaft von Blockchains wie der Bitcoin-Blockchain angesehen. Für die Sicherheit von Bitcoin ist darüber hinaus auch entscheidend, dass weltweit genügend Full Nodes die Blockchain speichern und ankommende Transaktionen auf Regeleinhaltungen überprüfen. Würden Betreiber von Full Nodes nun anfangen, in großer Zahl die Bitcoin-Blockchain zu löschen, hätte dies ernste Folgen für die Sicherheit des gesamten Bitcoin-Netzwerkes.

Florian und sein Team entwickeln zurzeit ein prototypisches Tool für Betreiber von Bitcoin Full Nodes. Damit sollen Teile der Blockchain nachhaltig von der lokalen Festplatte entfernt werden können, ohne dass die Teilnahme des Full Nodes im Blockchain-Netzwerk einschränkt wird. „Auf diese Weise würden wir Betreibern von Full Nodes die Möglichkeit geben, trotz Blockchain-Technologie auch solche gesetzlichen Pflichten zu erfüllen, die eine Löschung von Daten erfordern,“ so Florian.

Die technischen Möglichkeiten der Löschung von Inhalten von der Blockchain sind zudem auch für die Löschungsverpflichtung nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) relevant.

Die Inhalte dieses Beitrags sind erschienen in: Beaucamp, S./Henningsen, S./Florian, M. (2018): „Strafbarkeit durch Speicherung der Bitcoin-Blockchain? Ein Lösungsversuch aus technischer und rechtlicher Sicht“, In: Multimedia und Recht (Verlag: C.H. Beck), Ausgabe 8, S. 493–564, München August 2018.